Aktueller Stand bei den steuerlichen Maßnahmen gegen die wirtschaftlichen Folgen des Corona-Virus
A. Steuern
Die wirtschaftlichen Folgen aus dieser Krise spüren viele Unternehmen bereits jetzt unmittelbar. Die Bundesregierung hat Sofortmaßnahmen ergriffen, die wir im Folgenden in einer Zusammenfassung darstellen.
Stundung von Steuerzahlungen: Wenn Unternehmen aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in diesem Jahr fällige Steuerzahlungen nicht leisten können, sollen diese Zahlungen auf Antrag befristet und grundsätzlich zinsfrei gestundet werden. Den Antrag können Unternehmen bis zum 31. Dezember 2020 bei ihrem Finanzamt stellen. Diese Maßnahmen betrifft die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die Umsatzsteuer. Nicht allerdings die Lohnsteuer. Inwieweit weitere Steuerarten ebenfalls erfasst werden, wurde noch nicht entschieden (z.B. Grundsteuer).
Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Finanzverwaltung die Begriffe „nachweislich“, „unmittelbar“ und „nicht unerheblich betroffen“ auslegen wird. Anträge auf Stundung der nach dem 31. Dezember 2020 fälligen Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen, die nur Zeiträume nach dem 31. Dezember 2020 betreffen, sind nach derzeitigem Stand besonders zu begründen. Die beschriebenen Maßnahmen betreffen somit ausschließlich das Kalenderjahr 2020.
Anpassung von Vorauszahlungen: Unternehmen, Selbständige und Freiberufler können im Hinblick auf zu erwartende Umsatzeinbußen wegen der Corona-Krise grundsätzlich die Höhe ihrer Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer anpassen lassen. Gleiches gilt für den Messbetrag für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen. Trotz der vermeintlich einheitlichen Herangehensweise haben einige Bundesländer weitere Maßnahmen in Aussicht gestellt. Die Finanzministerien in NRW, Bayern und Hessen gewähren zum Beispiel aufgrund der Corona-Krise derzeit die Möglichkeit, auf Antrag die bereits geleisteten Umsatzsteuersondervorauszahlungen für Dauerfristverlängerungen zurückzuerhalten. Die Liquiditätssituation wird dadurch verbessert.
Vollstreckungsmaßnahmen aussetzen: Auf die Vollstreckung von überfälligen Steuerschulden soll bis zum Ende des Jahres verzichtet werden. Säumniszuschläge, die in dieser Zeit gesetzlich anfallen, sollen erlassen werden. Dies betrifft die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die Umsatzsteuer. Auch hier gilt, dass der Schuldner unmittelbar und nicht unerheblich betroffen sein muss.
Welche weiteren steuerrechtlichen Maßnahmen sind geplant? Zu vergleichbaren Maßnahmen hat das Bundesfinanzministerium darüber hinaus die Zollverwaltung angewiesen, die u.a. die Energiesteuer und Luftverkehrsteuer verwaltet. Gleiches gilt für das Bundesamt für Steuern, das bei der Zuständigkeit für die Versicherungssteuer und die Umsatzsteuer ebenso verfahren wird.
Zur weiteren Abmilderung der Krise, insbesondere in der Immobilienwirtschaft, hat der ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss) ein Positionspapier mit weiteren steuerlichen Maßnahmen erarbeitet. Im Folgenden einige der dort aufgeworfenen Themen (stichpunktartig):
- Umsatzsteuer auf gestundete Mietzahlungen stunden (keine Saldobetrachtung)
- Abzugsmöglichkeiten von Zinsaufwand ausweiten
- Sonderabschreibung für Mietstundungen einführen
- Grundsteuererlass anpassen
- Wiedereinführung der degressiven AfA
- Mitteilungspflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen verschieben
- Vereinfachung bei Sanierungserträgen
- Umstrukturierungen grunderwerbsteuerlich erleichtern
B. FINANZIERUNG: Überbrückung von Liquiditätsengpässen in der Corona-Krise
Für die Überbrückung von Liquiditätsengpässen stehen den Unternehmen in Nordrhein-Westfalen verschiedene öffentliche Finanzierungsangebote zur Verfügung, deren Umfang und Inhalt sich derzeit immer weiter konkretisieren.
Der KfW Bank kommt die Aufgabe zu, die kurzfristige Versorgung der Unternehmen mit Liquidität zu erleichtern.
KfW-Unternehmerkredit für Unternehmen, die länger als 5 Jahre am Markt sind
Wenn Sie einen Kredit für Investitionen und Betriebsmittel beantragen, übernimmt die KfW einen Teil des Risikos Ihrer Bank.
- Für große Unternehmen[1] bis zu 80 % Risikoübernahme
- Für kleine und mittlere Unternehmen[2] bis zu 90 % Risikoübernahme
Das erhöht Ihre Chance, eine Kreditzusage zu erhalten, ändert aber nach derzeitigem Kenntnisstand leider weder etwas daran, dass Zinsen anfallen, noch, dass irgendwann auch eine Tilgung der Kredite erwirtschaftet werden muss.
Sie können je Unternehmensgruppe bis zu 1 Mrd. Euro beantragen. Der Kredithöchstbetrag ist begrenzt auf
- 25 % des Jahresumsatzes 2019 oder
- das doppelte der Lohnkosten von 2019 oder
- den aktuellen Finanzierungsbedarf für die nächsten 18 Monate bei kleinen und mittleren Unternehmen bzw. 12 Monate bei großen Unternehmen oder
- 50 % der Gesamtverschuldung Ihres Unternehmens bei Krediten über 25 Mio. Euro.
KfW-Unternehmerkredit für junge Unternehmen, die weniger als 5 Jahre am Markt sind
ERP-Gründerkredit
Wenn Ihr Unternehmen mindestens 3 Jahre am Markt aktiv ist bzw. zwei Jahresabschlüsse vorweisen kann, können Sie einen Kredit für Investitionen und Betriebsmittel beantragen. Dabei übernimmt die KfW einen Teil des Risikos Ihrer Bank. Das erhöht Ihre Chance, eine Kreditzusage zu erhalten, Zinsen und spätere Tilgung bleiben aber auch hier leider nicht erspart.
- Für große Unternehmen[3] bis zu 80 % Risikoübernahme
- Für kleine und mittlere Unternehmen[4] bis zu 90 % Risikoübernahme
Sie können je Unternehmensgruppe bis zu 1 Mrd. Euro beantragen. Der Kredithöchstbetrag ist begrenzt auf
- 25 % des Jahresumsatzes 2019 oder
- das doppelte der Lohnkosten von 2019 oder
- den aktuellen Finanzierungsbedarf für die nächsten 18 Monate bei kleinen und mittleren Unternehmen bzw. 12 Monate bei großen Unternehmen oder
- 50 % der Gesamtverschuldung Ihres Unternehmens bei Krediten über 25 Mio. Euro.
KfW-Unternehmerkredit für Unternehmen, die weniger als 3 Jahre am Markt sind
Auch wenn Ihr Unternehmen weniger als 3 Jahre am Markt aktiv ist bzw. noch keine zwei Jahresabschlüsse vorlegen kann, können kleine und mittlere Unternehmen sowie große Unternehmen einen ERP-Gründerkredit – universell für Investitionen und Betriebsmittel beantragen.
Voraussetzung: Ihre Bank oder Sparkasse trägt das volle Risiko.
Hinweis: Eine Alternative kann der ERP-Gründerkreidt — Startgeld sein. Mit diesem Kredit erhalten Sie bis zu 30.000 Euro für Betriebsmittel – mit bis zu 80 % Risikoübernahme durch die KfW.
Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei nicht um Zuschüsse handelt.
Die Antragsstellung erfolgt über Ihre Hausbank.
Eine Risikoübernahme bei Investitionsmitteln (Haftungsfreistellungen) wird deutlich verbessert werden und soll bei Betriebsmitteln bis zu 80 %, bei Investitionen sogar bis zu 90 % betragen. Diese sollen auch von Unternehmen in Anspruch genommen werden können, die krisenbedingt vorübergehend in Finanzierungsschwierigkeiten (krisenadäquate Erhöhung der Risikotoleranz) geraten sind. Überdies wird die KfW für diese Unternehmen konsortiale Strukturen anbieten.
Nähere Informationen finden Sie auch unter https://www.bb-nrw.de/de/index.html
Der Start dieser Sonderprogramme unterliegt dem Vorbehalt einer Genehmigung durch die Europäische Kommission
[1] + [3] > 250 Mitarbeiter, > 50 Mio Euro Umsatz und > 43 Mio Euro Bilanzsumme
[2] + [4] Bis zu 250 Mitarbeiter und bis zu 50 Mio Euro Umsatz
C. Arbeitsrecht: Erleichterung beim Kurzarbeitergeld
Eine (volle) Beschäftigung der Arbeitnehmer ist häufig nicht mehr möglich. Produktionsrückgänge infolge von Lieferengpässen mehren sich. Vielfach sehen sich Arbeitgeber gezwungen, ihre Betriebe zurückzufahren bzw. sogar ganz zu schließen. Da Arbeitgeber grundsätzlich das sog. Betriebsrisiko tragen, bleiben Arbeitgeber auch bei fehlender Beschäftigungsmöglichkeit grundsätzlich verpflichtet, ihre Arbeitnehmer zu vergüten. Eine Möglichkeit, die wirtschaftlichen Nachteile der betroffenen Unternehmen abzumildern, stellt die Einführung von Kurzarbeit und die Beantragung von Kurzarbeitergeld dar.
Kurzarbeit ist das vorübergehende Absenken der betriebsüblichen regelmäßigen Arbeitszeit unter gleichzeitiger Reduzierung des Entgelts bei anschließender Rückkehr zum ursprünglichen Arbeitszeitumfang. Hierbei kann die Arbeitszeit anteilig oder vollständig (sog. Kurzarbeit Null) verringert werden. Der Arbeitnehmer wird (ganz oder teilweise) von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit, verliert in dieser Höhe aber auch seinen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Der Verdienstausfall des Arbeitnehmers wird durch das Kurzarbeitergeld seitens der Agentur für Arbeit ausgeglichen.
Arbeitsrechtlich bedarf die Einführung von Kurzarbeit einer Rechtsgrundlage, der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, Kurzarbeit einseitig einzuführen. Voraussetzung ist, dass entweder eine entsprechende Kurzarbeitsklausel in den Arbeitsverträgen enthalten ist, Kurzarbeit durch Tarifvertrag ermöglicht wird oder eine entsprechende Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat abgeschlossen wird.
Voraussetzungen Kurzarbeitergeld
Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist neben dem Vorliegen bestimmter betrieblicher und persönlicher Voraussetzungen sowie einer ordnungsgemäßen Anzeige bei der Agentur für Arbeit ein erheblicher Arbeits- und Entgeltausfall beim Arbeitnehmer.
Der Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, vorübergehend und nicht vermeidbar ist – dies ist in der aktuellen Krise in den allermeisten Fällen problemlos anzunehmen. Zudem müssen bestimmte Mindestquoten der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer im jeweiligen Kalendermonat von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein.
Die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld werden häufig in den Fällen vorliegen, in denen z.B. Arbeiten deswegen entfallen, weil Dienstleister oder Zulieferer in der Lieferkette ihre Leistungen nicht erbringen, weil deren eigene Mitarbeiter ausfallen oder weil Rohstoffe vorübergehend nicht lieferbar sind. Der Arbeitgeber muss dann der zuständigen Agentur für Arbeit glaubhaft machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind. Bestätigt die Agentur für Arbeit, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Arbeitgeber in einem zweiten Schritt innerhalb von drei Monaten das Kurzarbeitergeld zu beantragen.
Ausweislich der Homepage der Bundesagentur für Arbeit (Stand: 16. März 2020) kommt im Zusammenhang mit dem Corona-Virus die Bewilligung von Kurzarbeitergeld auch dann in Betracht, wenn staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass ein Betrieb vorübergehend geschlossen wird.
Sonderregelungen und Erleichterungen
Mit dem am 13. März 2020 verabschiedeten „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ wurden in das SGB III befristet bis zum Jahre 2021 geltende Verordnungsermächtigungen eingeführt und sollen bereits rückwirkend ab dem 1. März 2020 gelten. Die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld wurden von der Bundesregierung wie folgt erweitert:
- Nur noch 10 % der Beschäftigten im Betrieb müssen vom Arbeitsausfall betroffen sein (statt wie bisher ein Drittel), damit Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen werden kann.
- Den Arbeitgebern werden die Sozialversicherungsbeiträge, die sie bei Kurzarbeit zahlen müssen, in voller Höhe erstattet (durch die Bundesagentur für Arbeit, BA)
- Kurzarbeitergeld gibt es auch für Leiharbeitnehmer: Auch Zeitarbeitsunternehmen können bereits jetzt einen Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit anzeigen.
- Es müssen keine negativen Arbeitszeitsalden mehr aufgebaut werden, um Kurzarbeit zu nutzen: Bisher mussten Betriebe, um Kurzarbeit zu vermeiden, möglichst Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen nutzen.
Können während der Kurzarbeit auch Kündigungen ausgesprochen werden?
Grundsätzlich können während der Kurzarbeit auch Kündigungen ausgesprochen werden. Allerdings sind betriebsbedingte Kündigungen wegen Gründen, auf denen auch die Kurzarbeit beruht, unzulässig, da kein dringendes betriebliches Erfordernis für die Kündigung besteht. Das heißt, Sie könnten ggf. mit betriebsbedingten Kündigungen gesperrt sein, da der zugrundeliegende Kündigungsgrund auch zur Kurzarbeit geführt hat. Daher müssen Sie eine realistische Prognose über die weitere Entwicklung Ihrer wirtschaftlichen Lage vor Beantragung von Kurzarbeit erstellen. Zugegebenermaßen wird das nicht ohne Weiteres in der aktuellen Lage möglich sein.
Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Das Kurzarbeitergeld beträgt derzeit 60 % (Eltern mit Kindern 67 %) der Nettoentgeltdifferenz. Kurzarbeitergeld wird nach aktuellem Stand für die Dauer von längstens 12 Monaten gewährt. Derzeit gibt es – wie eingangs dargestellt – auch politische Erwägungen, die Höhe des Kurzarbeitergeldes heraufzusetzen. Derzeit ist dies noch nicht der Fall, könnte sich aber ändern. Eine Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes finden Sie auf der Website der Bundesagentur für Arbeit (www.arbeitsagentur.de).
Aufstockung
In einigen tarifgebundenen Branchen gelten Aufstockungsregelungen, um den o.a. Nettoeinkommensverlust der betroffenen Arbeitnehmer abzumildern – in einzelnen Branchen auf zwischen 75 – 97 % der normalen Nettobezüge. Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber haben die Möglichkeit Aufstockungsbeträge zu zahlen, was im Einzelfall die beiderseitige Bereitschaft zur Kurzarbeit erhöhen kann. Aufstockungsbeträge sind dabei grundsätzlich lohnsteuerpflichtig, jedoch von Beiträgen zur Sozialversicherung befreit, sofern das erreichte Nettoentgelt die Grenze von 80 % nicht überschreitet.
Weitere Information finden Sie unter: https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-uebersicht-kurzarbeitergeldformen
D. Entschädigung für Arbeitnehmer für Kinderbetreuung wegen Kita- und Schulschließungen
Das Bundeskabinett hat ein Sozialschutzpaket beschlossen, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die Bürgerinnen und Bürger abzufedern. Konkret sieht der Gesetzesentwurf – das Gesetz soll selbst noch in diesen Tagen vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden und in Kraft treten – auch einen Entschädigungsanspruch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor, die wegen Betreuung ihrer Kinder wegen der Kita- und Schulschließungen Gefahr laufen, ihren Vergütungsanspruch zu verlieren.
Konkret sieht der Gesetzesentwurf folgendes vor:
- Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas für die Betreuung von Kindern bis zum 12. Lebensjahr.
- Die Betroffenen können eine anderweitige zumutbare Betreuung (z. B. durch den anderen Elternteil oder eine Notbetreuung) nicht realisieren; die Großeltern müssen nicht herangezogen werden.
- Sofern andere Möglichkeiten bestehen, der Tätigkeit vorübergehend bezahlt fernzubleiben, z. B.
a) durch den Abbau von Zeitguthaben oder
b) den Bezug von Kurzarbeitergeld, besteht kein Verdienstausfall. - Entschädigungshöhe: 67 % des Nettoeinkommens für bis zu 6 Wochen, gedeckelt bei einem Höchstbetrag i. H. v. 2.016 Euro
- Auszahlung erfolgt über den Arbeitgeber, der bei der zuständigen Landesbehörde den Erstattungsantrag stellt.
- Regelung gilt nicht für die Schulferien und ist befristet bis Ende 2020
Insofern hat sich das Bundeskabinett in seiner Gesetzesvorlage (zunächst) dafür entschieden, nicht die Vergütungsfortzahlung nach § 616 BGB zu erweitern bzw. anzupassen, sondern eine Entschädigungsregelung analog des Bezuges von Kurzarbeitergeld zu schaffen.
E. Was ist jetzt bereits unbedingt im Hinblick auf Insolvenz, Restrukturierung und Sanierung zu beachen?
Die folgenden Punkte sind nur eine summarische Darstellung einer sehr detaillierten gesetzlichen Regelung. Gerne stellen wir Ihnen das „Merkblatt Insolvenz, Restrukturierung und Sanierung – Corona“ unseres Kooperationspartners ATN zur Verfügung, in dem die nachfolgenden Punkte im Einzelnen ausgeführt sind:
Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und Fremdanträgen
In der Zeit vom 01.03. bis 30.09.2020 ist die Insolvenzantragspflicht unter engen Voraussetzungen ausgesetzt. Wer in diesen Fällen verspätet einen Insolvenzantrag stellt, macht sich dadurch nicht strafbar.
Gläubiger können in der Zeit vom 28.03.2020 bis zum 28.06.2020 einen Insolvenzantrag nur stellen, wenn der Eröffnungsgrund bereits vor diesem Zeitraum vorlag.
Organhaftung
Nach geltendem Recht läuft ein Geschäftsleiter bei Zahlungen an Dritte in der Krise Gefahr, sich schadensersatzpflichtig oder sogar strafbar zu machen. Nach der neuen Regelung gelten in der Zeit vom 01.03. bis 30.09.2020 in diesen Fällen besondere Erleichterungen. Wenn die Unternehmung bis zur Coronakrise gesund war und dies für die Zeit nach der Coronakrise auch wieder anzunehmen ist, wird von einer Haftung abgesehen.
Aber Achtung: Es gibt keine vergleichbare Vorschrift in der Abgabenordnung. Die Haftung nach den §§ 34, 69 AO für nicht abgeführte Steuern gilt derzeit unverändert — auch im Zeitraum 01.03. bis 30.09.2020. Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) versucht derzeit, insoweit einen Gleichklang in der Gesetzgebung herbeizuführen.
Krisen-Darlehen: Rückgewähr und Besicherung unanfechtbar, kein Nachrang
Fremd- und Gesellschafterdarlehen: In der Zeit vom 01.03. bis 30.09.2020 sind diese bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht gläubigerbenachteiligend oder nachrangig. Darüber hinaus sind eine Reihe von Handlungen (etwa die Sicherung oder Befriedigung von Gläubigerforderungen) unter bestimmten Voraussetzungen nicht anfechtbar.
Sonderregeln gelten auch für Kredite, die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau und ihren Finanzierungspartnern oder von anderen Institutionen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der COVID-19-Pandemie gewährt werden. Sie werden nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung bewertet. Das gilt auch dann, wenn der Kredit nach dem 30.09.2020 gewährt oder besichert wird.
F. Was muss der Unternehmer jetzt bereits planen, vorbereiten und umsetzen ?
Liquiditätsstatus und ‑planung
Um später nicht strafrechtlich in die Verantwortung und zivilrechtlich in die Haftung genommen zu werden, muss der Geschäftsleiter unverzüglich prüfen, ob für ihn die gesetzliche Vermutung der Corona-bedingten Krise seines Unternehmens und der Sanierungsfähigkeit gilt.
Dazu ist ein Liquiditätsstatus zum 31.12.2019 erforderlich. Bestand zu diesem Stichtag eine Liquiditätsunterdeckung von 10 % oder mehr, muss diese innerhalb von 3 Wochen beseitigt worden sein. Kann die Zahlungsfähigkeit zum 31.12.2019 auf diese Weise nicht nachgewiesen werden, gelten die insolvenz‑, straf- und zivilrechtlichen Verantwortungsnormen wie bisher. Der Geschäftsleiter muss dann bei späterer Insolvenz stets positiv beweisen können, dass die Insolvenzreife erst später eingetreten ist.
Umgekehrt bedeutet das: Will ein insolventes Unternehmen die Sonderregeln für sich in Anspruch nehmen, muss der Geschäftsleiter beweisen können, dass es am 31.12.2019 noch nicht insolvenzreif war