Gewerb­li­che Infi­zie­rung einer frei­be­ruf­li­chen Partnerschaft

Übt eine frei­be­ruf­lich täti­ge Per­so­nen­ge­sell­schaft bzw. Part­ner­schaft nicht nur frei­be­ruf­li­che, son­dern in gewis­sem Umfang auch gewerb­li­che Tätig­kei­ten aus, kommt es zu einer sog. gewerb­li­chen Infi­zie­rung i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Die­se führt dazu, dass auch die frei­be­ruf­li­chen Ein­künf­te als gewerb­lich ein­ge­stuft wer­den und die Ein­künf­te ins­ge­samt der Gewer­be­steu­er unter­lie­gen. Auch wenn dann die Anrech­nung bis zum 4‑fachen des Gewer­be­steu­er­mess­be­trags auf die Ein­kom­men­steu­er greift, ver­bleibt es in vie­len Fäl­len bei einer steu­er­li­chen Mehr­be­las­tung durch die Gewerbesteuer.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist die Qua­li­fi­zie­rung von Ein­künf­ten in frei­be­ruf­li­che oder gewerb­li­che ein regel­mä­ßi­ges Streit­the­ma mit dem Finanz­amt. Das FG Rheinland-Pfalz stellt in sei­nem Urteil vom 16.09.2021 (Az. 4 K 1270/19) ers­te Grund­sät­ze auf, wann die Arbeits­tei­lung meh­re­rer Berufs­trä­ger einer frei­be­ruf­lich täti­gen Part­ner­schaft zu ins­ge­samt gewerb­li­chen Ein­künf­ten führt.

Im Streit­fall war ein Arzt einer sie­ben­köp­fi­gen Gemein­schafts­pra­xis nahe­zu aus­schließ­lich für die Orga­ni­sa­ti­on, Ver­wal­tung und Lei­tung der Pra­xis zustän­dig. Das Finanz­amt ver­trat die Auf­fas­sung, dass die Ein­künf­te der Gemein­schafts­pra­xis nicht als frei­be­ruf­lich, son­dern als Ein­künf­te aus Gewer­be­be­trieb zu qua­li­fi­zie­ren sei­en, weil bei einer frei­be­ruf­li­chen Per­so­nen­ge­sell­schaft oder Part­ner­schaft jeder Mit­un­ter­neh­mer die Merk­ma­le selb­stän­di­ger Arbeit in eige­ner Per­son erfül­len müs­se. Das FG Rheinland-Pfalz sah dies genau­so, ließ aber die Revi­si­on zum BFH (Az. VIII R 4/22) zu.

Ein Arzt schul­det danach eine unmit­tel­ba­re, per­sön­li­che und indi­vi­du­el­le Arbeits­leis­tung am Pati­en­ten. Daher muss er einen wesent­li­chen Teil der ärzt­li­chen Leis­tun­gen selbst und ent­spre­chend Geset­zes­wort­laut eigen­ver­ant­wort­lich erbrin­gen. Dies bedeu­tet für einen Arzt, dass sei­ne per­sön­li­che Teil­nah­me an der prak­ti­schen Arbeit in aus­rei­chen­dem Umfang gewähr­leis­tet sein muss und er bei­spiels­wei­se in sog. Rou­ti­ne­fäl­len die jeweils anste­hen­den Vor­un­ter­su­chun­gen durch­führt, die Behand­lungs­me­tho­de fest­legt und sich die Behand­lung pro­ble­ma­ti­scher Fäl­le vor­be­hält. Es reicht also nicht aus, wenn ein Arzt — wie im Streit­fall — zwar über die per­sön­li­che Berufs­qua­li­fi­ka­ti­on ver­fügt, er die frei­be­ruf­li­che Tätig­keit aber nicht entfaltet.

Dane­ben ist die Tätig­keit ent­spre­chend Geset­zes­wort­laut lei­tend zu erbrin­gen. Hier­für sind u.a. orga­ni­sa­to­ri­sche Grund­zü­ge auf­zu­stel­len und deren Aus­füh­rung zu über­wa­chen. In einer frei­be­ruf­li­chen Mit­un­ter­neh­mer­schaft kön­nen sich die Gesell­schaf­ter die Lei­tung und die Arbeit an den ein­zel­nen Auf­trä­gen zwar tei­len; die Wahr­neh­mung bloß kauf­män­ni­scher Leitungs- oder sons­ti­ger Manage­ment­auf­ga­ben ist nach Auf­fas­sung des FG Rheinland-Pfalz aber schäd­lich für eine frei­be­ruf­li­che Tätig­keit. Im Streit­fall bot der für die Orga­ni­sa­ti­on, Ver­wal­tung und Lei­tung zustän­di­ge Arzt bei­spiels­wei­se weder fes­te Behand­lungs­ta­ge an noch war gewähr­leis­tet, dass er sys­te­ma­tisch in die Pati­en­ten­be­hand­lung ein­ge­bun­den war. Die über­nom­me­nen Organisations- und Lei­tungs­auf­ga­ben waren viel­mehr blo­ße Verwaltungs- oder Geschäfts­füh­rer­leis­tun­gen, wie sie auch bei Gewer­be­trei­ben­den vor­kom­men oder all­ge­mein und los­ge­löst von der ärzt­li­chen Behand­lung anfallen.

Die schäd­li­che Tätig­keit des einen inten­siv lei­ten­den, aber nicht selbst bzw. eigen­ver­ant­wort­lich prak­ti­zie­ren­den Arz­tes hat­te somit zur Fol­ge, dass die gesam­te Tätig­keit der Gemein­schafts­pra­xis gewerb­lich infi­ziert wur­de und die Ein­künf­te mit­hin als gewerb­lich ein­zu­stu­fen waren. Die Rechts­form einer frei­be­ruf­lich täti­gen Part­ner­schaft ist inso­weit nicht maß­geb­lich, da sie als sol­che kei­ne auto­ma­ti­sche Ein­ord­nung der Ein­künf­te als frei­be­ruf­li­che auslöst.

Hin­weis:

Die Ent­schei­dung des FG Rheinland-Pfalz bedeu­tet vor allem für ärzt­li­che Mit­un­ter­neh­mer­schaf­ten eine wei­te­re Fall­grup­pe der Gefahr einer gewerb­li­chen Infi­zie­rung; Vor­sicht war bis­lang ins­be­son­de­re bei der Betei­li­gung Berufs­frem­der oder der Durch­füh­rung von Ver­kaufs­tä­tig­kei­ten gebo­ten. In der Gestal­tungs­be­ra­tung soll­te daher dar­auf geach­tet wer­den, dass jeder Mit­un­ter­neh­mer einer frei­be­ruf­li­chen Per­so­nen­ge­sell­schaft bzw. Part­ner­schaft lei­tend und eigen­ver­ant­wort­lich tätig ist. Auf­grund des anhän­gi­gen Revi­si­ons­ver­fah­rens bleibt der­zeit aber noch die Ent­schei­dung durch den BFH abzuwarten.