Abgren­zung zwi­schen Geld­leis­tung und Sachbezug

Ein­nah­men kön­nen sowohl in Geld als auch in Gel­des­wert bestehen. Ins­be­son­de­re im Bereich der Ein­künf­te aus nicht­selb­stän­di­ger Arbeit unter­schei­det man zwi­schen Geld­leis­tun­gen (Bar­lohn) und Sach­be­zü­gen (Sach­lohn). Wäh­rend Geld­leis­tun­gen regel­mä­ßig nach dem Prin­zip der indi­vi­du­el­len wirt­schaft­li­chen Leis­tungs­fä­hig­keit besteu­ert wer­den, grei­fen für die Besteue­rung von Sach­be­zü­gen oft­mals steu­er­li­che Erleich­te­run­gen bei­spiels­wei­se in Form der soge­nann­ten Sach­be­zugs­frei­gren­ze von EUR 44 (ab 2022 = EUR 50) oder von begüns­ti­gen­den Pau­schal­be­steue­run­gen (z.B. § 37b EStG).

Im Rah­men des Jah­res­steu­er­ge­set­zes 2019 wur­de durch die Ände­rung des § 8 Abs. 1 Sät­ze 2 und 3 EStG recht­lich gese­hen ein grund­le­gen­der Sys­tem­wech­sel in der Abgren­zung von Bar- und Sach­lohn voll­zo­gen. So wur­den die Abgren­zungs­kri­te­ri­en zwi­schen bei­den Kate­go­rien mit Wir­kung ab 01.01.2020 erst­ma­lig gesetz­lich defi­niert: Unter Geld­leis­tun­gen fal­len danach

  • zweck­ge­bun­de­ne Geldleistungen,
  • nach­träg­li­che Kostenerstattungen,
  • Geld­sur­ro­ga­te und ande­re Vor­tei­le, die auf einen Geld­be­trag lauten.

Bestimm­te Gut­schei­ne und Geld­kar­ten hin­ge­gen, die aus­schließ­lich zum Bezug von Waren oder Dienst­leis­tun­gen berech­ti­gen und die Kri­te­ri­en des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buch­sta­be a bis c des Zah­lungs­diens­te­auf­sichts­ge­set­zes (ZAG) erfül­len, gehö­ren hin­ge­gen zu den Sachbezügen.

Grund­sätz­lich gilt die neue gesetz­li­che Rege­lung schon seit dem 01.01.2020. Aller­dings führ­te ins­be­son­de­re der Ver­weis auf das ZAG zu erheb­li­chen Abgren­zungs­schwie­rig­kei­ten und zahl­rei­chen Anwen­dungs­fra­gen. Zwar wur­de von der Finanz­ver­wal­tung bereits im Juni 2020 der Ent­wurf eines neu­en BMF-Schreibens zur „Abgren­zung zwi­schen Geld­leis­tung und Sach­be­zug“ vor­ge­stellt, aber erst jetzt lie­fert das BMF mit sei­nem Schrei­ben vom 13.04.2021 kon­kre­te Anhalts­punk­te zur Aus­le­gung der gesetz­lich defi­nier­ten Begrifflichkeiten.

Eine wesent­li­che Aus­sa­ge des aktu­el­len BMF-Schreibens besteht dar­in, dass eine „Nicht­be­an­stan­dungs­re­gel“ für die Jah­re 2020 und 2021 beschlos­sen wur­de. Es wird danach für die Ein­ord­nung als Sach­lohn nicht bean­stan­det, wenn Gut­schei­ne und Geld­kar­ten, die aus­schließ­lich zum Bezug von Waren oder Dienst­leis­tun­gen berech­ti­gen, die Kri­te­ri­en des ZAG nicht erfül­len. Dem­entspre­chend stel­len bis Ende 2021 z.B. Amazon-Gutscheine, Wunsch­gut­schei­ne oder auch Prepaid-Karten/Gutscheine von z.B. Eden­red oder Sodexo, bei denen die Bar­aus­zah­lung aus­ge­schlos­sen ist, wei­ter­hin Sach­lohn dar.

Nach­fol­gend möch­ten wir noch etwas näher auf das BMF-Schreiben eingehen.

  1. Sach­be­zü­ge

Unter Sach­be­zü­gen ver­steht man zunächst alle nicht in Geld bestehen­den Ein­nah­men. Expli­zit wird in dem BMF Schrei­ben auf­ge­führt, dass fol­gen­de Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen Sach­lohn darstellen:

  • die Gewäh­rung von Kranken‑, Krankentagegeld- oder Pfle­ge­ver­si­che­rungs­schutz bei Abschluss einer Kranken‑, Krankentagegeld- oder Pfle­ge­ver­si­che­rung und Bei­trags­zah­lung durch den Arbeitgeber;
  • die Gewäh­rung von Unfall­ver­si­che­rungs­schutz, soweit der Arbeit­neh­mer bei Abschluss einer frei­wil­li­gen Unfall­ver­si­che­rung durch den Arbeit­ge­ber den Ver­si­che­rungs­an­spruch unmit­tel­bar gegen­über dem Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men gel­tend machen kann, sofern die Bei­trä­ge nicht pau­schal besteu­ert werden.

Bestimm­te Gut­schei­ne und Geld­kar­ten zum Bezug von Waren oder Dienst­leis­tun­gen beim Arbeit­ge­ber bzw. einem Drit­ten sind mit Bezug auf die Kri­te­ri­en des ZAG in die fol­gen­den drei Kate­go­rien als Sach­be­zug zu beurteilen:

  1. Breit gefä­cher­te Pro­dukt­pa­let­te ohne Inlandsbezug

Dies betrifft vor allem Gut­schei­ne und Geld­kar­ten mit einem begrenz­ten Kreis von Akzep­tanz­stel­len (z.B. städ­ti­sche Einkaufs- und Dienst­leis­tungs­ver­bün­de im Inland oder eine bestimm­te Laden­ket­te im Inland bzw. im Inter­net­shop mit ein­heit­li­chem Marktauftritt).

Auch Gut­schei­ne oder Geld­kar­ten, die berech­ti­gen, aus­schließ­lich Waren oder Dienst­leis­tun­gen vom Aus­stel­ler des Gut­scheins aus sei­ner eige­nen Pro­dukt­pa­let­te zu bezie­hen, stel­len gem. dem BMF-Schreiben einen Sach­be­zug dar.

Bei­spiel Sach­be­zug: Ein Arbeit­ge­ber gibt an sei­ne Arbeit­neh­mer Gut­schei­ne für eine Waren­haus­ket­te aus. Die­se berech­ti­gen aus­schließ­lich zum Kauf von Waren der Waren­haus­ket­te und zum Kauf von Waren in des­sen Internetshop.

Hin­weis: Gutscheine/Geldkarten eines Online-Händlers sind dann nicht als Sach­be­zug zu wer­ten, wenn die­se auch für Pro­duk­te von Fremd­an­bie­tern (z.B. Mar­ket­place) ein­lös­bar sind. Damit posi­tio­niert sich die Finanz­ver­wal­tung klar dahin­ge­hend, dass z.B. ein Amazon-Gutschein (ab 2022) kei­nen Sach­be­zug dar­stellt, son­dern als Geld­leis­tung zu behan­deln ist.

  1. Begrenz­te Waren- oder Dienst­leis­tungs­pa­let­te ohne Inlandsbezug

Zu den Sach­zu­wen­dun­gen gehö­ren auch Gut­schei­ne und Geld­kar­ten, unab­hän­gig von einer Betrags­an­ga­be, die nur berech­ti­gen, Waren oder Dienst­leis­tun­gen aus einer sehr begrenz­ten Waren- oder Dienst­leis­tungs­pa­let­te zu beziehen.

Bei­spie­le Sach­be­zug: „Alles, was das Auto bewegt“ (z.B. Kraft­stoff, Lade­strom), Fit­ness­leis­tun­gen (z.B. Besuch Trai­nings­stät­ten und Bezug der dort ange­bo­te­nen Waren oder Dienst­leis­tun­gen), Bücher, Beau­ty­kar­ten und sog. Waren, die der Erschei­nung einer Per­son dienen.

Mit dem neu­en BMF-Schreiben wird nun auch auf­ge­nom­men, dass nicht allein Gut­schei­ne für den Bezug von Zeitungen/Zeitschriften als Sach­lohn zu behan­deln sind. Nun­mehr stellt auch der Gut­schein für den Down­load ent­spre­chen­der Medi­en Sach­lohn dar.

Hin­weis: Auf die Anzahl der Akzep­tanz­stel­len kommt es nicht an.

  1. Zweck­kar­ten mit Inlandsbezug

Dar­un­ter fal­len in ers­ter Linie Gutscheine/Geldkarten, die auf­grund von Akzep­tanz­ver­trä­gen aus­schließ­lich bestimm­ten sozia­len oder steu­er­li­chen Zwe­cken im Inland zu Gute kommen.

Bei­spie­le Sach­be­zug: Ver­zehr­kar­ten in sozia­ler Ein­rich­tung, Essens­gut­schei­ne, Restau­rant­schecks, arbeits­täg­li­che Zuschüs­se zu Mahl­zei­ten, Behand­lungs­kar­ten für ärzt­li­che Leis­tun­gen oder Reha-Maßnahmen und Kar­ten für betrieb­li­che Gesundheitsmaßnahmen.

Hin­weis: Eine Zweck­kar­te liegt dann nicht vor, wenn deren Ein­satz­be­reich für sich genom­men nicht mehr hin­rei­chend bestimmt ein­ge­grenzt ist. Die Finanz­ver­wal­tung stellt dar­über hin­aus klar, dass die Inan­spruch­nah­me der 44-Euro-Freigrenze (ab dem 01.01.2022 50-Euro-Freigrenze) für sich allein kei­nen „begüns­tig­ten“ sozia­len oder steu­er­li­chen Zweck begründet.

  1. Geld­leis­tun­gen

Geld­leis­tun­gen spie­geln sich im Wesent­li­chen in der Abga­be eines im Inland gül­ti­gen gesetz­li­chen Zah­lungs­mit­tels wider. Kann aller­dings anstel­le des Sach­be­zugs eine Geld­leis­tung ver­langt wer­den, liegt nach BFH-Rechtsprechung eine Geld­leis­tung selbst bei Zuwen­dung der Sache vor. Dies gilt glei­cher­ma­ßen auch für zweck­ge­bun­de­ne Geld­leis­tun­gen oder nach­träg­li­che Kostenerstattungen.

Bei­spiel Geld­leis­tung: A erhält von sei­nem Arbeit­ge­ber anstel­le des geschul­de­ten Fahr­rads einen Betrag von EUR 800 für den ent­spre­chen­den Erwerb. Die arbeits­ver­trag­li­che Zweck­be­stim­mung führt nicht zur Annah­me eines Sach­be­zugs. Es han­delt sich um eine zweck­ge­bun­de­ne Geldleistung.

Geld­sur­ro­ga­te, wie ins­be­son­de­re die Gewäh­rung von Geld­kar­ten oder Wert­gut­ha­ben­kar­ten in Form von Prepaid-Kreditkarten mit über­re­gio­na­ler Akzep­tanz ohne Ein­schrän­kun­gen hin­sicht­lich der Pro­dukt­pa­let­te, die im Rah­men unab­hän­gi­ger Sys­te­me des unba­ren Zah­lungs­ver­kehrs ein­ge­setzt wer­den kön­nen, stel­len eben­falls Geld­leis­tun­gen dar, soweit die durch das ZAG auf­ge­stell­ten Anfor­de­run­gen ab 2022 nicht erfüllt wer­den, also ins­be­son­de­re die oben genann­ten Kri­te­ri­en für die Ein­ord­nung als Sach­be­zug nicht vor­lie­gen. Allein die Begren­zung der Anwend­bar­keit von Gut­schei­nen oder Geld­kar­ten auf das Inland ist für die Annah­me eines Sach­be­zugs nicht ausreichend.

Dane­ben gel­ten Gut­schei­ne oder Geld­kar­ten stets als Geld­leis­tung, sofern sie bei­spiels­wei­se über eine Bar­aus­zah­lungs­funk­ti­on oder eine eige­ne IBAN-Nummer verfügen.

  • Über­gangs­re­ge­lung

Wie ein­gangs bereits aus­ge­führt, sind die Grund­sät­ze des BMF-Schreibens vom 13.04.2021 grund­sätz­lich ab 01.01.2020 anzu­wen­den. Für aus­schließ­lich zum Bezug von Waren oder Dienst­leis­tun­gen berech­ti­gen­de Gut­schei­ne und Geld­kar­ten, die die Anfor­de­rungs­kri­te­ri­en des ZAG nicht erfül­len, greift hin­sicht­lich der Aner­ken­nung als Sach­be­zug eine Über­gangs­frist bis zum 31.12.2021. Fak­tisch bedeu­tet dies eine Fort­füh­rung der bis Ende 2019 gel­ten­den Rechtsauslegung.

Deut­lich wird aber auch: Beim Ein­satz von Gut­schei­nen und Geld­kar­ten ist Vor­sicht gebo­ten. Schnell kann das seit Jah­ren genutz­te Sys­tem der Prepaid-Karten oder Gut­schei­ne eine Geld­leis­tung dar­stel­len; die Vor­tei­le eines Sach­be­zugs (Sach­be­zugs­frei­gren­ze; Pau­scha­lie­rung nach § 37b EStG) fin­den dann kei­ne Anwen­dung mehr. Inner­halb der ein­ge­räum­ten Über­gangs­frist soll­te der anbie­ten­de Arbeit­ge­ber dies­be­züg­lich bestehen­de Struk­tu­ren prü­fen und bis zum 01.01.2022 finanz­amts­kon­form und rechts­si­cher aus­ge­stal­ten. Gern unter­stüt­zen wir Sie dabei.