Gewer­be­steu­er: Anrech­nung aus­län­di­scher Quellensteuern

Obwohl die Gewer­be­steu­er einen spe­zi­fi­schen Inlands­be­zug auf­weist, wer­den in vie­len Fäl­len auch aus­län­di­sche Ein­künf­te in die gewer­be­steu­er­li­che Bemes­sungs­grund­la­ge ein­be­zo­gen. Gera­de bei grenz­über­schrei­ten­den Inves­ti­tio­nen kann die­se Vor­ge­hens­wei­se eine enor­me Aus­wir­kung auf die steu­er­li­che Gesamt­be­las­tung haben. Das FG Hes­sen in sei­nem Urteil vom 26.08.2020 (Az. 8 K 1860/16) hat sich mit der Fra­ge beschäf­tigt, ob und inwie­weit aus­län­di­sche Quel­len­steu­ern auf die deut­sche Gewer­be­steu­er ange­rech­net wer­den können.

In dem zugrun­de­lie­gen­den Streit­fall war eine in Deutsch­land ansäs­si­ge und gewer­be­steu­er­pflich­ti­ge GmbH zu 0,22 % an einer kana­di­schen Kapi­tal­ge­sell­schaft betei­ligt. Auf die aus der Betei­li­gung erziel­te Brut­to­di­vi­den­de wur­de kana­di­sche Quel­len­steu­er ein­be­hal­ten. Die GmbH begehr­te letzt­lich die Anrech­nung der kana­di­schen Quel­len­steu­er direkt auf die deut­sche Gewer­be­steu­er; das Finanz­amt ver­sag­te indes den Abzug. Das FG Hes­sen wider­sprach der Auf­fas­sung des Finanzamts.

Die ent­spre­chen­den Divi­den­den blie­ben – auf­grund der dama­li­gen Rechts­la­ge auch bei einer Betei­li­gungs­hö­he von 0,22 % — bei Ermitt­lung des kör­per­schaft­steu­er­li­chen Gewinns zunächst außer Ansatz; sie flos­sen jedoch auf­grund einer spe­zi­fi­schen Hin­zu­rech­nungs­norm in die gewer­be­steu­er­li­che Bemes­sungs­grund­la­ge ein. Hier­durch kommt es nach Auf­fas­sung des FG Hes­sen zu einer Dop­pel­be­steue­rung im recht­li­chen Sin­ne, da einer­seits Deutsch­land über das ihm nach DBA zuste­hen­de Besteue­rungs­recht und ande­rer­seits Kana­da über den ein­be­hal­ten­den Quel­len­steu­er­ab­zug von dem­sel­ben Steu­er­pflich­ti­gen für den­sel­ben Steu­er­ge­gen­stand und den­sel­ben Zeit­raum eine gleich­ar­ti­ge Steu­er erheben.

Hin­weis: Auf­grund der nicht ein­heit­lich gere­gel­ten Betei­li­gungs­hö­he im Körperschaft- und Gewer­be­steu­er­recht kann es auch heu­te noch zu ver­gleich­ba­ren Kon­stel­la­tio­nen kom­men. Divi­den­den aus Betei­li­gun­gen mit einem Anteil zwi­schen 10 % bis unter 15 % sind zwar kör­per­schaft­steu­er­frei, aber gewer­be­steu­er­pflich­tig. Im Übri­gen sind bestimm­te Stich­tags­re­ge­lun­gen zu berücksichtigen.

Die­se Dop­pel­be­steue­rung kann durch Anrech­nung der ein­be­hal­ten­den aus­län­di­schen Quel­len­steu­er auf die deut­sche Gewer­be­steu­er ver­mie­den wer­den. Dies gilt ins­be­son­de­re dann, wenn die das DBA unter­zeich­nen­den Staa­ten kei­ne aus­drück­li­che Rege­lung in das Abkom­men auf­ge­nom­men haben, die sich erge­ben­de Dop­pel­be­steue­rung durch eine uner­wünsch­te Anrech­nung zu vermeiden.

Für die Anrech­nung ist Vor­aus­set­zung, dass es sich bei der deut­schen Gewer­be­steu­er um eine deut­sche Steu­er vom Ein­kom­men han­delt, was das FG Hes­sen bejaht. Folg­lich ist der Anwen­dungs­be­reich einer Steu­er­an­rech­nung eröff­net; unschäd­lich ist, dass es auf Ebe­ne des deut­schen Gewer­be­steu­er­rechts an einer eigen­stän­di­gen Anrech­nungs­norm fehlt, wie man sol­che bei­spiels­wei­se aus dem Einkommen- oder Kör­per­schaft­steu­er­recht kennt.

Das FG Hes­sen unter­stellt dies­be­züg­lich eine offe­ne Rege­lungs­lü­cke, die aller­dings über die Grund­sät­ze des sog. Rechts­fol­gen­ver­wei­ses geschlos­sen wer­den kann. Kon­kret bedeu­tet dies, dass die aus­län­di­sche Quel­len­steu­er durch ent­spre­chen­de Anwen­dung der einkommen- oder kör­per­schaft­steu­er­li­chen Vor­schrif­ten auf die deut­sche Gewer­be­steu­er anzu­rech­nen ist. Ins­be­son­de­re ist nicht erkenn­bar, war­um eine Anrech­nung aus­län­di­scher Steu­ern auf die Gewer­be­steu­er ande­ren Maß­stä­ben fol­gen soll­te, als dies bei einer Anrech­nung auf die Einkommen- oder Kör­per­schaft­steu­er der Fall ist.

Im Rah­men des Gewer­be­steu­er­mess­be­scheids hat das Finanz­amt abschlie­ßend auch Fest­stel­lun­gen hin­sicht­lich even­tu­el­ler Anrech­nungs­be­trä­ge zu tref­fen, wel­che dann mit Bin­dungs­wir­kung von der hebe­be­rech­tig­ten Gemein­de im Gewer­be­steu­er­be­scheid umzu­set­zen sind; die Gemein­den kön­nen die­se Steu­er­an­rech­nung also nicht von sich aus und/oder auf Antrag des Steu­er­pflich­ti­gen durchführen.

Hin­weis:

Das FG Hes­sen grenzt sich in sei­nem Urteil von der – wenn auch nicht voll­stän­dig ver­gleich­ba­ren — Ent­schei­dung des FG Nie­der­sach­sen vom 18.03.2020 (Az. 6 K 20/18) ab. Danach kön­nen aus­län­di­sche Quel­len­steu­ern nicht bei der Ermitt­lung des Gewer­be­er­trags abge­zo­gen wer­den. Gegen die­se Ent­schei­dung ist ein Revi­si­ons­ver­fah­ren beim BFH (Az. I R 16/20) anhän­gig. Die gegen das Urteil des FG Hes­sen grund­sätz­lich zuge­las­se­ne und kurz­zei­tig auch beim BFH anhän­gi­ge Revi­si­on ist wohl zwi­schen­zeit­lich sei­tens der Finanz­ver­wal­tung zurück­ge­nom­men worden.