Kei­ne Berech­ti­gung zur Hin­zu­schät­zung bei gering­fü­gi­gen Män­geln der Kassenprüfung

Die Buchführungs- und Auf­zeich­nungs­pflich­ten bei einer elek­tro­ni­schen Regis­trier­kas­se wer­den bei Betriebs­prü­fun­gen streng durch­leuch­tet. Inwie­fern jedoch Män­gel zur Ver­wer­fung einer Buch­füh­rung oder zu Hin­zu­schät­zun­gen füh­ren kön­nen, steht auch im Ermes­sen des jewei­li­gen Betriebs­prü­fers. Das FG Müns­ter ent­schied nun mit Urteil vom 09.03.2021 (Az. 1 K 3085/17 E,G,U), dass gering­fü­gi­ge Män­gel in der Kas­sen­füh­rung kei­ne unver­hält­nis­mä­ßi­gen Hin­zu­schät­zun­gen rechtfertigen.

Im Streit­fall betrieb die Klä­ge­rin einen Imbiss, des­sen Gewinn durch Ein­nah­men­über­schuss­rech­nung ermit­telt wur­de. Zur Erfas­sung der Bar­ein­nah­men ver­wen­de­te die Klä­ge­rin eine elek­tro­ni­sche Regis­trier­kas­se, für die sie die täg­li­chen Bon­rol­len auf­be­wahr­te. Im Rah­men der Betriebs­prü­fung durch­ge­führ­te Geld­ver­kehrs­rech­nun­gen (hier­bei wird geprüft, ob zwi­schen den getä­tig­ten Aus­ga­ben und den dafür zur Ver­fü­gung ste­hen­den Geld­mit­teln eine Dif­fe­renz besteht) erga­ben aller­dings gering­fü­gi­ge Unter­de­ckun­gen. Zudem fehl­ten über den drei­jäh­ri­gen Prü­fungs­zeit­raum an ins­ge­samt fünf Tagen ein­zel­ne Bar­um­sät­ze in der Kas­se von knapp EUR 100. Des Wei­te­ren fie­len neun ver­spä­tet erfass­te Kas­sen­be­we­gun­gen und klei­ne­re Rechen­feh­ler auf. Nach Auf­fas­sung des Prü­fers sei­en aus die­sen Grün­den die Auf­zeich­nun­gen nicht ord­nungs­ge­mäß, was zu einer Schät­zung und im Ergeb­nis zu einer Ver­drei­fa­chung der erklär­ten Gewin­ne führte.

Das FG Müns­ter gab der Kla­ge statt und begrenz­te die Hin­zu­schät­zun­gen auf die gering­fü­gi­gen nicht in der Kas­se erfass­ten Beträ­ge von knapp EUR 100. Dar­über hin­aus füh­ren die vom Betriebs­prü­fer fest­ge­stell­ten Kas­sen­füh­rungs­män­gel nicht dazu, dass die Auf­zeich­nun­gen ins­ge­samt ver­wor­fen wer­den kön­nen. Dies ergibt sich zum einen aus der gerin­gen Häu­fig­keit der Män­gel im Ver­hält­nis zu den gesam­ten Geschäfts­vor­fäl­len (ca. 30.000 pro Jahr) und zum ande­ren aus der mar­gi­na­len Gewinn­aus­wir­kung von weni­ger als EUR 100. Die dar­aus fol­gen­de nicht gege­be­ne Kas­sen­sturz­fä­hig­keit beschränkt sich also ledig­lich auf ein­zel­ne kur­ze Zeit­räu­me. Die Geld­ver­kehrs­rech­nun­gen füh­ren eben­falls ledig­lich zu Ergeb­nis­sen, wel­che sich im Rah­men übli­cher Unschär­fen bewegen.

Schließ­lich reicht nach Auf­fas­sung des FG Müns­ter die durch­ge­führ­te und mit stren­gen Anfor­de­run­gen ver­bun­de­ne Aus­beu­te­kal­ku­la­ti­on (bei der Aus­beu­te­kal­ku­la­ti­on wird der Soll­um­satz rech­ne­risch aus dem Waren­ein­satz und den Ver­kaufs­prei­sen ermit­telt) nicht aus, die sach­li­che Rich­tig­keit der ansons­ten for­mell ord­nungs­ge­mä­ßen Auf­zeich­nun­gen zu erschüt­tern: Vor­lie­gend bestehen bereits gro­ße Unsi­cher­hei­ten bei den Por­ti­ons­grö­ßen der ver­kauf­ten Mahl­zei­ten, die der Prü­fer nicht anhand reprä­sen­ta­ti­ver Test­käu­fe beleg­te, son­dern auf­grund angeb­li­cher Erfah­rungs­wer­te geschätzt hat­te. Im Übri­gen sind nicht alle Waren­grup­pen kal­ku­liert wor­den, sodass es sich zum Teil um eine Richt­satz­schät­zung han­del­te. Im Übri­gen ist eine blo­ße Richt­satz­schät­zung nach Auf­fas­sung des Gerich­tes nicht geeig­net, eine ansons­ten for­mell ord­nungs­ge­mä­ße Kas­sen­füh­rung zu verwerfen.

Hin­weis:

Die Finanz­ver­wal­tung ver­folgt kon­se­quent — selbst bei gering­fü­gi­gen Män­geln — die stren­gen Maß­stä­be zur ord­nungs­ge­mä­ßen Kas­sen­füh­rung mit Durch­set­zung der ent­spre­chen­den Schluss­fol­ge­run­gen. Das Urteil des FG Müns­ter posi­tio­niert sich dage­gen und gewährt bei klei­ne­ren Ver­feh­lun­gen mil­de­re Anfor­de­run­gen an die Auf­zeich­nun­gen. Steu­er­pflich­ti­ge kön­nen sich aber hier­auf nicht aus­ru­hen: Die täg­lich zu erfül­len­den Auf­zeich­nungs­pflich­ten einer ord­nungs­ge­mä­ßen Kas­sen­füh­rung sind wei­ter­hin genau­es­tens zu beachten!