Neu­fas­sung der erwei­ter­ten gewer­be­steu­er­li­chen Kürzung

Die sog. erwei­ter­te gewer­be­steu­er­li­che Kür­zung (§ 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG) ver­folgt im Wesent­li­chen zwei Ziele:

  1. Ver­mei­dung einer Dop­pel­be­las­tung von Grund­stücks­un­ter­neh­men mit den Real­steu­ern Grund­steu­er und Gewer­be­steu­er und
  2. Gleich­stel­lung aller Grund­stücks­un­ter­neh­men in gewer­be­steu­er­li­cher Hin­sicht, unab­hän­gig davon, ob ihre Ein­künf­te kraft Rechts­form der Gewer­be­steu­er unterliegen.

Der Grund­fall der Rege­lung betrifft mit­hin Unter­neh­men, die aus­schließ­lich eige­nen Grund­be­sitz ver­wal­ten und nut­zen. Sie kann aber auch dann in Anspruch genom­men wer­den, wenn das Grund­stücks­un­ter­neh­men bestimm­ten erlaub­ten, im Gesetz abschlie­ßend auf­ge­zähl­ten Tätig­kei­ten nach­geht. Die Ein­nah­men aus den sog. unschäd­li­chen, jedoch nicht begüns­tig­ten Neben­tä­tig­kei­ten, wie bspw. der Ver­wal­tung oder Nut­zung von eige­nem Kapi­tal­ver­mö­gen, unter­lie­gen jedoch i.d.R. nicht dem Anwen­dungs­be­reich der erwei­ter­ten gewer­be­steu­er­li­chen Kür­zung und sind mit­hin gewer­be­steu­er­pflich­tig. Nur soweit es sich um Ein­nah­men aus aus­nahms­wei­se zuge­las­se­nen Neben­tä­tig­kei­ten han­delt, die der Ver­wal­tung und Nut­zung des Grund­be­sit­zes im enge­ren Sin­ne die­nen und zwin­gend not­wen­di­ger Teil einer wirt­schaft­lich sinn­vol­len Grund­stücks­ver­wal­tung sind, sind die­se auch Teil der Kürzung.

Tätig­kei­ten, die über die gesetz­lich defi­nier­ten, unschäd­li­chen Neben­tä­tig­kei­ten hin­aus­ge­hen, sind i.d.R. für die Inan­spruch­nah­me der erwei­ter­ten gewer­be­steu­er­li­chen Kür­zung schäd­lich, selbst wenn sie nur von unter­ge­ord­ne­ter Bedeu­tung sind. Infol­ge­des­sen geht die erwei­ter­te gewer­be­steu­er­li­che Kür­zung ins­ge­samt ver­lo­ren, sodass nur noch die Inan­spruch­nah­me der ein­fa­chen gewer­be­steu­er­li­chen Kür­zung (§ 9 Nr. 1 S. 1 GewStG) mög­lich ist.

Durch das Fonds­stand­ort­ge­setz vom 03.06.2021 wur­den mit Wir­kung ab dem Erhe­bungs­zeit­raum 2021 drei wei­te­re unschäd­li­che, aber nicht begüns­tig­te Neben­tä­tig­kei­ten – u.a. vor dem Hin­ter­grund öko­lo­gi­scher Len­kungs­zie­le — aufgenommen:

  1. Lie­fe­rung von Strom aus erneu­er­ba­ren Ener­gien i.S.d. § 3 Nr. 21 EEG (Was­ser­kraft, Wind­ener­gie, sola­re Strah­lungs­en­er­gie, Geo­ther­mie und Ener­gie aus Bio­mas­se; nicht aller­dings die Strom­erzeu­gung durch den Betrieb eines Block­heiz­kraft­werks) i.V.m. der Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes, wenn die­se Ein­nah­men im Wirt­schafts­jahr nicht höher als 10 % der Ein­nah­men aus der Über­las­sung des Grund­be­sit­zes sind (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) Dop­pel­buchst. aa) GewStG). Die Ein­nah­men dür­fen zudem nicht aus der Lie­fe­rung an ande­re Letzt­ver­brau­cher als die eige­nen Mie­ter stammen.
  2. Lie­fe­rung von Strom aus dem Betrieb von Lade­sta­tio­nen für Elek­tro­fahr­zeu­ge oder Elek­tro­fahr­rä­der i.V.m. der Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes, wenn die­se Ein­nah­men im Wirt­schafts­jahr nicht höher als 10 % der Ein­nah­men aus der Über­las­sung des Grund­be­sit­zes sind (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) Dop­pel­buchst. bb) GewStG). Es ist kei­ne Ein­schrän­kung hin­sicht­lich des Abneh­mer­krei­ses vor­ge­se­hen. Ziel der Rege­lung ist die För­de­rung der E‑Mobilität.

  3. Ein­nah­men aus unmit­tel­ba­ren Ver­trags­be­zie­hun­gen mit den Mie­tern des Grund­be­sit­zes, wenn die­se im Wirt­schafts­jahr die Baga­tell­gren­ze in Höhe von 5 % der Ein­nah­men aus der Über­las­sung des Grund­be­sit­zes nicht über­stei­gen (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c) GewStG); aus­ge­nom­men sind ent­spre­chen­de Ein­nah­men der bei­den vor­ge­nann­ten Zif­fern.

    In der Pra­xis dürf­te die­se Rege­lung ihren Anwen­dungs­be­reich ins­be­son­de­re bei der Mit­ver­mie­tung von Betriebs­vor­rich­tun­gen ent­fal­ten, was in der Geset­zes­be­grün­dung exem­pla­risch aus­ge­führt wird. Grund­stücks­un­ter­neh­men hat­ten nach bis­he­ri­ger Rechts­la­ge den Anspruch auf die erwei­ter­te gewer­be­steu­er­li­che Kür­zung ver­lo­ren, wenn sie neben begüns­tig­ten Tätig­kei­ten bspw. auch ande­re gewerb­li­che Tätig­kei­ten aus­üb­ten oder Miet­ein­nah­men aus der Über­las­sung von Betriebs­vor­rich­tun­gen erziel­ten, die kei­nen funk­tio­na­len Zusam­men­hang mit dem ver­mie­te­ten Grund­stück auf­wie­sen. Auf den Umfang die­ser Tätig­kei­ten kam es dabei nicht an. Nun­mehr soll die erwei­ter­te gewer­be­steu­er­li­che Kür­zung erhal­ten blei­ben, wenn die Ein­nah­men in dem für den Erhe­bungs­zeit­raum maß­geb­li­chen Wirt­schafts­jahr aus die­sen Tätig­kei­ten nicht höher als 5 % der Ein­nah­men aus der Über­las­sung des Grund­be­sit­zes sind und aus unmit­tel­ba­ren Ver­trags­ver­hält­nis­sen mit den Mie­tern des Grund­stücks stammen.

Vor­aus­set­zung für die Inan­spruch­nah­me der erwei­ter­ten gewer­be­steu­er­li­chen Kür­zung ist in die­sen Fäl­len fer­ner, dass der Gewinn aus der Ver­wal­tung und Nut­zung des eige­nen Grund­be­sit­zes sowie der Gewinn aus den unschäd­li­chen Neben­tä­tig­kei­ten u.a. zur Über­wa­chung der Pro­zent­sät­ze (10 % bzw. 5 %) jeweils geson­dert ermit­telt wird (§ 9 Nr. 1 S. 4 GewStG); ande­ren­falls ist die erwei­ter­te gewer­be­steu­er­li­che Kür­zung für das gesam­te Unter­neh­men in dem jewei­li­gen Erhe­bungs­zeit­raum zu ver­sa­gen. Die geson­der­te Gewinn­ermitt­lung dürf­te dabei aller­dings so lan­ge nach­ge­holt wer­den kön­nen, wie der Gewer­be­steu­er­mess­be­scheid für den strei­ti­gen Erhe­bungs­zeit­raum noch änder­bar ist.

Die­se Anfor­de­rung ist unbe­dingt auch bei der nun im gerin­gen Umfang (s.o.) zuläs­si­gen Mit­ver­mie­tung von Betriebs­vor­rich­tun­gen zu beach­ten. Wer­den Betriebs­vor­rich­tun­gen näm­lich zunächst uner­kannt mit­ver­mie­tet und erst vom Finanz­amt im Rah­men einer Betriebs­prü­fung ent­deckt, liegt die erfor­der­li­che geson­der­te Gewinn­ermitt­lung nicht vor. Betriebs­vor­rich­tun­gen sind daher — wie bis­lang auch — zwin­gend durch den Ver­mie­ter zu iden­ti­fi­zie­ren. Ggf. soll­te die Höhe der auf die Betriebs­vor­rich­tun­gen ent­fal­len­den Mie­te geson­dert im Miet­ver­trag aus­ge­wie­sen wer­den, um das Ein­hal­ten der 5 %-Gren­ze ent­spre­chend zu doku­men­tie­ren. Dar­über hin­aus schafft die Frei­gren­ze Rechts­si­cher­heit bei der Ver­füg­bar­keit der erwei­ter­ten gewer­be­steu­er­li­chen Kür­zung, falls ein­zel­ne Betriebs­vor­rich­tun­gen ver­se­hent­lich nicht als sol­che klas­si­fi­ziert wur­den und dies in der Betriebs­prü­fung strei­tig ist.