Wider­ruf der Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht bei Grundstücksverkäufen

Umsät­ze, die unter das Grund­er­werb­steu­er­ge­setz fal­len, sind umsatz­steu­er­frei (§ 4 Nr. 9a) UStG). Der Ver­käu­fer kann einen der­ar­ti­gen Umsatz aber als umsatz­steu­er­pflich­tig behan­deln, wenn der Käu­fer das Grund­stück aus­schließ­lich für Umsät­ze ver­wen­det (oder zu ver­wen­den beab­sich­tigt), die den Vor­steu­er­ab­zug nicht aus­schlie­ßen (§ 9 UStG). Die Inan­spruch­nah­me die­ser Opti­on muss in dem nota­ri­ell zu beur­kun­den­den Grund­stücks­kauf­ver­trag erklärt wer­den. Zu den for­ma­len Vor­aus­set­zun­gen des Wider­rufs einer sol­chen Opti­on nimmt der BFH in sei­nem Beschluss vom 02.07.2021 (Az. XI R 22/19) Stellung.

Im Streit­fall hat­te eine GmbH ein Grund­stück mit einem sanie­rungs­be­dürf­ti­gen Gebäu­de umsatz­steu­er­pflich­tig erwor­ben. Auf­grund der im Grund­stücks­kauf­ver­trag erklär­ten Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht schul­de­te die GmbH als Leis­tungs­emp­fän­ge­rin die ent­spre­chen­de Umsatz­steu­er und zog die­se in glei­cher Höhe als Vor­steu­er ab (sog. Steu­er­schuld­ner­schaft des Leis­tungs­emp­fän­gers gem. § 13b i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG). Zwei Jah­re spä­ter ver­äu­ßer­te die GmbH eine Teil­flä­che des Grund­stücks umsatz­steu­er­frei. Anschlie­ßend ver­ein­bar­te sie mit dem ursprüng­li­chen Ver­käu­fer den Wider­ruf der Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht in einem sepa­ra­ten, nota­ri­ell beur­kun­de­ten Ver­trag. Das Finanz­amt erkann­te den Wider­ruf nicht an, da die­ser – wie die Inan­spruch­nah­me der Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht – aus­schließ­lich in dem ursprüng­li­chen Grund­stücks­kauf­ver­trag zu erklä­ren sei. Das erst­in­stanz­li­che Finanz­ge­richt und der BFH sahen dies anders.

Nach Auf­fas­sung des BFH kann ein spä­te­rer Wider­ruf der Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht bei Grund­stücks­ver­käu­fen auch außer­halb des zugrun­de lie­gen­den Grund­stücks­kauf­ver­trags wirk­sam erfol­gen, solan­ge noch eine ver­fah­rens­recht­li­che Ände­rungs­mög­lich­keit für die Steu­er­fest­set­zung für das Jahr der Leis­tungs­er­brin­gung besteht. Hier­bei ist ins­be­son­de­re der Geset­zes­wort­laut des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG zu beach­ten, der sich nur auf die Aus­übung der Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht, nicht jedoch auch auf deren Wider­ruf bezieht; eine anders­lau­ten­de Sicht­wei­se wür­de den nach­träg­li­chen Wider­ruf einer Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht fak­tisch ausschließen.

Die­se ein­gren­zen­de Rege­lung hin­sicht­lich der Opti­ons­aus­übung sorgt bei Abschluss des Grund­stücks­kauf­ver­trags für Rechts­si­cher­heit und „kla­re Ver­hält­nis­se“. Dar­über hin­aus wird die GmbH als Käu­fe­rin so vor einer nach­träg­li­chen ein­sei­ti­gen Aus­übung der Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht durch den Ver­käu­fer und infol­ge­des­sen vor einer sie dann tref­fen­den Umsatz­steu­er­schuld geschützt. Ins­be­son­de­re wenn die Leis­tungs­emp­fän­ge­rin nicht voll vor­steu­er­ab­zugs­be­rech­tigt ist, käme es nach­träg­lich zu einer tat­säch­li­chen umsatz­steu­er­li­chen Belastung.

Der Wider­ruf der Opti­on führt dage­gen zu einer Steu­er­be­frei­ung und damit nicht zu einer Belas­tung der GmbH, was eine gleich­sam stren­ge Rege­lung wie bei der ursprüng­li­chen Opti­ons­aus­übung ent­behr­lich macht. Da infol­ge des Wider­rufs auf Ebe­ne der GmbH nicht nur die Umsatz­steu­er­last, son­dern gleich­zei­tig auch der von ihr vor­ge­nom­me­ne kor­re­spon­die­ren­de Vor­steu­er­ab­zug ent­fällt, han­delt es sich letzt­lich um ein Null­sum­men­spiel; Umsatz­steu­er­aus­fäl­le dürf­ten sich nach Auf­fas­sung des BFH also nicht ergeben.

Hin­weis:

Das Bespre­chungs­ur­teil stellt ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Finanz­ver­wal­tung (BMF-Schreiben vom 02.08.2017) klar, dass für den Wider­ruf der Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht bei Grund­stücks­ver­käu­fen eine groß­zü­gi­ge­re Sicht­wei­se als für deren Aus­übung gilt. In der Pra­xis ver­zich­ten ins­be­son­de­re Immobilienentwickler/-verkäufer bei umsatz­steu­er­pflich­ti­ger Vermietungs- oder Wei­ter­ver­äu­ße­rungs­ab­sicht auf die Umsatz­steu­er­be­frei­ung. Aller­dings ste­hen bei Abschluss des zugrun­de­lie­gen­den Grund­stücks­kauf­ver­trags — wie im Streit­fall – die zukünf­ti­gen Mie­ter oder Käu­fer häu­fig noch gar nicht fest, sodass spä­ter auch eine umsatz­steu­er­freie Ver­mie­tung oder Wei­ter­ver­äu­ße­rung in Betracht kom­men kann. In sol­chen Fäl­len bie­tet der Wider­ruf der ursprüng­li­chen Opti­on zur Umsatz­steu­er­pflicht die Mög­lich­keit, eine umständ­li­che und kost­spie­li­ge Berich­ti­gung des Vor­steu­er­ab­zugs gem. § 15a UStG in Fol­ge der steu­er­frei­en Ver­mie­tung oder Wei­ter­ver­äu­ße­rung zu vermeiden.