Mög­li­cher Gestal­tungs­miss­brauch bei Ein­la­ge und kor­re­spon­die­ren­der Verbindlichkeitentilgung

Blo­ße kon­zern­in­ter­ne Ver­rech­nun­gen, die zudem in engem zeit­li­chem Zusam­men­hang und gänz­lich ohne tat­säch­li­chen Geld­fluss statt­fin­den, wer­den von der Finanz­ver­wal­tung vor dem Hin­ter­grund mög­li­cher miss­bräuch­li­cher Gestal­tun­gen ver­stärkt auf­ge­grif­fen und auf ihren tat­säch­li­chen Gehalt und die damit ver­bun­de­ne Besteue­rung geprüft.

In dem vom FG Düs­sel­dorf mit Urteil vom 22.12.2021 (Az. 7 K 101/18) ent­schie­de­nen Fall hat­te eine Kapi­tal­ge­sell­schaft teils aus Dar­le­hen, teils aus kon­zern­in­ter­nen Ver­rech­nun­gen erheb­li­che Ver­bind­lich­kei­ten gegen­über ihrer Mut­ter­ge­sell­schaft. Die­se leis­te­te im Jahr 2011 über das kon­zern­in­ter­ne Inter­com­pa­ny Accoun­ting Sys­tem eine Ein­la­ge in die Kapi­tal­rück­la­ge der Toch­ter­ge­sell­schaft. Tag­gleich wur­den deren Ver­bind­lich­kei­ten gegen­über der Mut­ter­ge­sell­schaft in Höhe der Ein­zah­lung in die Kapi­tal­rück­la­ge aus­ge­bucht. Das Finanz­amt sah dar­in wirt­schaft­lich einen For­de­rungs­ver­zicht, nahm des­halb eine Umge­hung in Form eines steu­er­li­chen Gestal­tungs­miss­brauchs nach § 42 AO an und behan­del­te die getä­tig­te Ein­la­ge in Höhe des nicht wert­hal­ti­gen Teils als steu­er­pflich­ti­gen Ertrag. Dies bestä­tig­te das FG Düsseldorf.

Danach lie­gen auf­grund der beson­de­ren Sach­ver­halts­um­stän­de die Vor­aus­set­zun­gen eines Miss­brauchs von recht­li­chen Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten gem. § 42 AO vor. Die ange­mes­se­ne Gestal­tung zur Besei­ti­gung der Über­schul­dung wäre ein For­de­rungs­ver­zicht gewe­sen. Die von der Gesell­schaft vor­ge­brach­te Über­le­gung, das Erset­zen von Fremd­ka­pi­tal durch Eigen­ka­pi­tal sei durch die Finan­zie­rungs­frei­heit des Gesell­schaf­ters gedeckt, stellt das FG Düs­sel­dorf zwar nicht in Abre­de. Der Gestal­tungs­miss­brauch ergibt sich aber aus der Ver­bin­dung mit der tag­glei­chen Til­gung der Ver­bind­lich­kei­ten und der gesam­ten Abwick­lung der Buchungsvorgänge.

Zweck der Ein­la­gen­ge­währ war nicht eine Finan­zie­rung der Toch­ter­ge­sell­schaft. Viel­mehr dien­ten die nur buch­hal­te­risch voll­zo­ge­ne Ein­la­ge und die anschlie­ßen­de Til­gung der Ver­bind­lich­kei­ten ledig­lich der Ver­mei­dung der steu­er­li­chen Fol­gen eines Ver­zichts auf die unstrei­tig im Wesent­li­chen nicht wert­hal­ti­gen For­de­run­gen. Außer­steu­er­li­che Grün­de für die Gestal­tung waren nicht erkenn­bar. Denn aus der unmit­tel­ba­ren Abfol­ge bei­der Vor­gän­ge und deren nur buch­hal­te­ri­schen Abwick­lung war schon plan­mä­ßig aus­ge­schlos­sen, eine wirt­schaft­lich ange­mes­se­ne Kapi­tal­aus­stat­tung der Toch­ter­ge­sell­schaft her­zu­stel­len. Dies war auch nicht nötig, da sie im Jahr 2010 letzt­ma­lig aktiv am Wirt­schafts­le­ben teil­ge­nom­men hat­te und sich seit­dem in Abwick­lung befand.

Hin­weis:

Das Urteil zeigt, dass auf Basis der nicht in Fra­ge zu stel­len­den Finan­zie­rungs­frei­heit der Gesell­schaf­ter vor­zu­neh­men­de Gestal­tun­gen mit erhöh­ter Vor­sicht und beson­de­rer vor­he­ri­ger Prü­fung anzu­ge­hen sind. Die Abgren­zung zum Gestal­tungs­miss­brauch ist immer im Ein­zel­fall zu betrach­ten und hängt von vie­len Fak­to­ren ab. Der BFH hat im Rah­men der ein­ge­leg­ten Revi­si­on (Az. I R 11/22) Gele­gen­heit, die beson­de­ren Sach­ver­halts­um­stän­de zu wür­di­gen und auch in sol­chen Fäl­len für wei­te­re Rechts­si­cher­heit zu sorgen.