Insol­venz­be­ding­ter Aus­fall einer pri­va­ten Darlehensforderung

Der Zeit­punkt der kon­kre­ten Ver­lust­a­ner­ken­nung bei aus­ge­fal­le­nen pri­va­ten Dar­le­hens­for­de­run­gen (kein Gesell­schaf­ter­dar­le­hen) ist i.d.R. zwi­schen Steu­er­pflich­ti­gem und Finanz­ver­wal­tung strei­tig. Denn der Steu­er­pflich­ti­ge möch­te ent­spre­chen­de Ver­lus­te mög­lichst früh­zei­tig gel­tend machen; die Finanz­ver­wal­tung hin­ge­gen strebt vor dem Hin­ter­grund einer etwa­igen wirt­schaft­li­chen Erho­lung des Dar­le­hens­neh­mers eine spä­te­re Berück­sich­ti­gung die­ser Ver­lus­te an. So hat der BFH bei einer insol­venz­frei­en Auf­lö­sung einer Kapi­tal­ge­sell­schaft ent­schie­den, dass pri­va­te Dar­le­hens­aus­fall­ver­lus­te regel­mä­ßig erst bei Abschluss des Liqui­da­ti­ons­ver­fah­rens ange­setzt wer­den kön­nen. Zur Rechts­fra­ge, auf wel­chen Ver­lust­ver­rech­nungs­zeit­punkt bei einer insol­venz­be­ding­ten Auf­lö­sung einer Kapi­tal­ge­sell­schaft abzu­stel­len ist, hat sich der BFH in sei­nem Urteil vom 01.07.2021 (Az. VIII R 28/18) positioniert.

Im Streit­fall gewähr­te ein pri­va­ter Dar­le­hens­ge­ber Mit­te 2010 einem Drit­ten ein mit 5 % ver­zins­li­ches Dar­le­hen. Der Dar­le­hens­neh­mer stell­te aller­dings ein Jahr spä­ter sei­ne Rück­zah­lun­gen ein. Im Jahr 2012 wur­de über des­sen Ver­mö­gen das Insol­venz­ver­fah­ren eröff­net und gegen­über dem Insol­venz­ge­richt sog. Mas­se­un­zu­läng­lich­keit durch den Insol­venz­ver­wal­ter ange­zeigt. Die Mas­se­un­zu­läng­lich­keit dau­er­te wäh­rend des gesam­ten Insol­venz­ver­fah­rens an, wel­ches vier Jah­re spä­ter man­gels Mas­se ein­ge­stellt wur­de. Der Dar­le­hens­ge­ber hat­te sei­ne ver­blie­be­ne For­de­rung zwar zur Insol­venz­ta­bel­le ange­mel­det, mach­te dies­be­züg­lich aber bereits im Zeit­punkt der ange­zeig­ten Mas­se­un­zu­läng­lich­keit einen steu­er­li­chen Ver­lust bei sei­nen Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen gel­tend, den das Finanz­amt jedoch nicht berück­sich­tig­te. Im zwei­ten Rechts­gang folg­te das Finanz­ge­richt der Auf­fas­sung des Dar­le­hens­ge­bers, der sich auch der BFH anschloss.

Nach jün­ge­rer BFH-Rechtsprechung führt der end­gül­ti­ge Aus­fall einer pri­va­ten Kapi­tal­for­de­rung in der pri­va­ten Ver­mö­gens­sphä­re zu einem steu­er­lich anzu­er­ken­nen­den Ver­lust. Dabei ist uner­heb­lich, dass es vor­lie­gend im Hin­blick auf den For­de­rungs­aus­fall an dem regel­mä­ßig eine Ver­äu­ße­rung kenn­zeich­nen­den Rechts­trä­ger­wech­sel fehlt. Aus der Gleich­stel­lung der Rück­zah­lung mit einem Ver­äu­ße­rungs­tat­be­stand folgt, dass auch eine end­gül­tig aus­blei­ben­de Rück­zah­lung zu einem Ver­lust füh­ren kann. Wirt­schaft­lich betrach­tet macht es mit­hin kei­nen Unter­schied, ob der Steu­er­pflich­ti­ge die For­de­rung noch kurz vor dem Aus­fall zu Null ver­äu­ßert oder ob er sie – weil er kei­nen Käu­fer fin­det oder auf eine Quo­te hofft – behält. In bei­den Fäl­len erlei­det der Steu­er­pflich­ti­ge eine Ein­bu­ße sei­ner wirt­schaft­li­chen Leis­tungs­fä­hig­keit, die die glei­che steu­er­li­che Berück­sich­ti­gung fin­den muss.

Ein steu­er­ba­rer Ver­lust auf­grund eines wie im Streit­fall gege­be­nen For­de­rungs­aus­falls liegt daher grund­sätz­lich erst dann vor, wenn end­gül­tig fest­steht, dass (über bereits gezahl­te Beträ­ge hin­aus) kei­ne (wei­te­ren) Rück­zah­lun­gen (mehr) erfol­gen wer­den. In der Pra­xis muss die­ser Zeit­punkt ent­spre­chend ermit­telt wer­den. Ein Abstel­len auf den Stich­tag des eröff­ne­ten Insol­venz­ver­fah­rens reicht dabei aller­dings i.d.R. nicht aus, es sei denn, die Eröff­nung des Insol­venz­ver­fah­rens wird bspw. man­gels Mas­se abge­lehnt. Fol­ge­rich­tig ist ein end­gül­ti­ger For­de­rungs­aus­fall auch in dem Zeit­punkt nicht mehr zu ver­sa­gen, in dem der Insol­venz­ver­wal­ter die Mas­se­un­zu­läng­lich­keit gegen­über dem Insol­venz­ge­richt ange­zeigt hat. Denn im Zeit­punkt der ange­zeig­ten Mas­se­un­zu­läng­lich­keit steht ziem­lich sicher fest, dass auf die For­de­run­gen der Insol­venz­gläu­bi­ger kei­ne Zah­lun­gen mehr erfol­gen wer­den und damit nicht mehr mit einer wesent­li­chen Ände­rung des ein­ge­tre­te­nen Ver­lusts gerech­net wer­den kann.

Die sei­tens des Finanz­amts infra­ge gestell­te Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht ist nach Auf­fas­sung des BFH gege­ben; der allei­ni­ge spä­te­re Aus­fall des Rück­zah­lungs­an­spruchs ist nicht geeig­net, die Ver­mu­tung der Ein­künf­te­er­zie­lungs­ab­sicht zu wider­le­gen. Etwas ande­res wür­de aber gel­ten, wenn der Dar­le­hens­ge­ber bereits bei Dar­le­hens­ge­wäh­rung nicht mit einer Rück­zah­lung des hin­ge­ge­be­nen Kapi­tals rech­nen konnte.

Hin­weis:

Die ab dem Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2020 gel­ten­de Ver­lust­ver­rech­nungs­be­schrän­kung für Ver­lus­te aus der gan­zen oder teil­wei­sen Unein­bring­lich­keit einer Kapi­tal­for­de­rung war im Streit­fall noch nicht zu beach­ten. Ein Aus­gleich ist nach der­zeit gel­ten­dem Recht nur bis zur Höhe von EUR 20.000 mit posi­ti­ven Ein­künf­ten aus Kapi­tal­ver­mö­gen mög­lich; dar­über­hin­aus­ge­hen­de Ver­lus­te sind bis zu die­ser Betrags­gren­ze vor­zu­tra­gen. Es bleibt abzu­war­ten, ob sich die­se Rege­lung vor dem Hin­ter­grund des anhän­gi­gen BVerfG-Verfahrens zur Ver­lust­ver­rech­nungs­be­schrän­kung für Akti­en­ver­äu­ße­rungs­ver­lus­te (Az. 2 BvL 3/21) als ver­fas­sungs­kon­form erwei­sen wird.