Steuerliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen
Verluste aus einer Darlehensforderung im Privatvermögen unterliegen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) einer sehr beschränkten Verlustnutzung. Verliert jedoch ein i.S.d. § 17 EStG wesentlich beteiligter Anteilseigner seine Darlehensforderung ganz oder teilweise endgültig, können die Verluste vollständig als nachträgliche Anschaffungskosten qualifiziert werden, wenn und soweit das Darlehen auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses gewährt worden ist. Das FG Düsseldorf (Az. 10 K 2166/16 E) entschied nun mit Urteil vom 28.01.2020 über die Behandlung nachträglicher Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen.
Ein Ehepaar gewährte der GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Ehemann war, mehrere Darlehen: im Januar 2012 (I), nach Absage der Hausbank und drohender Zahlungsunfähigkeit im Juni 2013 (II) sowie im November 2013 (III). Nach letztlich dennoch erfolgter Liquidation der GmbH behandelten die Eheleute den Verlust aller drei Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung und erhöhten in Ihrer Steuererklärung 2014 den Auflösungsverlust i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG entsprechend.
Für die Finanzverwaltung war lediglich das Darlehen III während der Krise gewährt, so dass sie nur diesbezüglich einen entsprechenden Auflösungsverlust annahm. Die beiden Darlehen I und II wären vor der Krise der GmbH gewährt und hätten deshalb keine Auswirkung auf den Auflösungsverlust. Dem widersprach jedoch das FG.
Die Krise der GmbH trat deutlich vor November 2013 ein. Bereits im Juni 2013 hätte ein ordentlicher Kaufmann nur noch Eigenkapital, jedoch kein Fremdkapital mehr der Gesellschaft zugeführt. Demnach handelte es sich beim Darlehen II um ein eigenkapitalersetzendes Krisendarlehen, dessen Verlust den Auflösungsverlust ebenfalls entsprechend erhöht.
Die GmbH war erst im Laufe des Jahres 2012 in eine Krise geraten, als auch die Hausbank nicht mehr bereit war, ihr weitere Darlehen zu gewähren. Damit hatte der Gesellschafter das Darlehen I vor der Krise der GmbH gewährt. Als hinreichend informierter Geschäftsführer hatte er das Darlehen allerdings nicht zurückgefordert, wodurch der Wert auf EUR 0 sank. Bei solch stehen gelassenen Darlehen scheiden – seit Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts im Zuge des MoMiG — nachträgliche Anschaffungskosten und ein insoweit höherer Auflösungsverlust jedoch aus.
Der Verlust aus diesem Darlehen I ist jedoch seit deren Neufassung im Zuge der Einführung der Abgeltungssteuer bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Die insofern nötige Einkunftserzielungsabsicht wird dabei widerleglich vermutet.
Dem steht auch die Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG nicht entgegen. Diese kann im Streitfall keine Sperrwirkung entfalten, da ein mit EUR 0 bewertetes Darlehen andere Einkünfte (Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG) weder erhöht noch vermindert und daher auch nicht zu anderen Einkunftsart gehören kann.
Zudem besteht im Zusammenhang mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts und dem damit verbundenen Wegfall der bisherigen Rechtsgrundlage für die steuerliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen eine Vertrauensschutzregelung: Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen sind weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine solche bis zum 16.04.2019 (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 11.07.2017, Az. IX R 36/15) geleistet hat oder sie bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Die möglicherweise günstigere Regelung des § 20 EStG darf jedoch auch in einem wie hier vorliegenden Fall nicht faktisch ausgeschlossen sein, wenn infolge der Subsidiaritätsklausel eine Verlustnutzung nach § 20 EStG eigentlich ausgenommen ist.
In der zwischenzeitlich eingelegten Revision hat der BFH (Az. IX R 5/20) zu entscheiden, ob sich in solchen Konstellationen ein Steuerpflichtiger — ggf. auch nur teilweise — dafür entscheiden kann, die bisherigen Grundsatz zu § 17 EStG über nachträgliche Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Darlehen weiterhin anzuwenden, wenn die Regelungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Übrigen zu einem günstigeren Ergebnis führt.
Hinweis:
Mit dem sog. „JStG 2019“ hat der Gesetzgeber im neuen § 17 Abs. 2a EStG auch Regelungen zu nachträglichen Anschaffungskosten aus z.B. Einlagen und Darlehensverlusten aufgenommen, die im Ergebnis eine Rückkehr zur alten Rechtslage bewirken; auf Antrag findet die Regelung auch für Altfälle Anwendung. Dadurch sollten die Abgrenzungsprobleme grundsätzlich etwas minimiert sein.
Fast zeitgleich wurde allerdings zwischenzeitlich § 20 Abs. 6 EStG verschärft und ab dem 01.01.2020 die Verrechnung von Darlehensverlusten neben des unverändert nur mit anderen Kapitaleinkünften zulässigen Ausgleichs noch betragsmäßig auf EUR 10.000 beschränkt.