Zur Gewer­be­steu­er­frei­heit eines Ver­äu­ße­rungs­ge­winns bei einer GmbH & Co. KG

Die Gewer­be­steu­er als Objekt­steu­er erfasst bei natür­li­chen Per­so­nen und Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten nur den durch den lau­fen­den Betrieb anfal­len­den Gewinn. Ver­äu­ße­rungs­ge­win­ne einer GmbH & Co. KG sind gewer­be­steu­er­frei, soweit die­se auf natür­li­che Per­so­nen als unmit­tel­bar betei­lig­te Mit­un­ter­neh­mer ent­fal­len. Für die gewer­be­steu­er­li­che Nicht­er­fas­sung von Ver­äu­ße­rungs­ge­win­nen kommt es jedoch – anders als im Bereich der Ein­kom­men­steu­er – nicht not­wen­di­ger­wei­se dar­auf an, dass alle stil­len Reser­ven auf­ge­deckt wer­den. Es ist viel­mehr aus­rei­chend, wenn die Ver­äu­ße­rung zu einer end­gül­ti­gen Ein­stel­lung der gewerb­li­chen Tätig­keit der GmbH & Co. KG führt. Dies war bis­lang nach BFH-Auffassung dann nicht der Fall, wenn im Anschluss an die Ver­äu­ße­rung eine ver­mö­gens­ver­wal­ten­de Tätig­keit als gewerb­lich gepräg­te Per­so­nen­ge­sell­schaft unter Fort­füh­rung zumin­dest einer wesent­li­chen Betriebs­grund­la­ge aus­ge­übt wur­de. Mit sei­nem Urteil vom 10.02.2022 (Az. IV R 6/19) hat sich der BFH hier­zu aber neu positioniert.

Im Streit­fall waren an einer GmbH & Co. KG eine natür­li­che Per­son als Kom­man­di­tist mit 100 % sowie die Komplementär-GmbH mit 0 % ver­mö­gens­mä­ßig betei­ligt. Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war der Kom­man­di­tist der GmbH & Co. KG, der die Betei­li­gung hier­an aber nicht als Son­der­be­triebs­ver­mö­gen auf Ebe­ne der GmbH & Co. KG bilan­zier­te. Das sich im Eigen­tum des Kom­man­di­tis­ten befin­den­de Betriebs­grund­stück mie­te­te die GmbH & Co. KG an und wur­de zutref­fen­der­wei­se als Son­der­be­triebs­ver­mö­gen erfasst. Sowohl die GmbH & Co. KG als auch die Komplementär-GmbH hiel­ten diver­se Betei­li­gun­gen an ver­schie­de­nen Gesell­schaf­ten im EU-Ausland.

Die GmbH & Co. KG ver­kauf­te sodann alle ihrem ope­ra­ti­ven Geschäft die­nen­den Wirt­schafts­gü­ter unter Über­tra­gung der Arbeits‑, Miet- und Lea­sing­ver­trä­ge sowie der Waren­be­stän­de, For­de­run­gen und Ver­bind­lich­kei­ten im Wege eines asset deals an eine schwe­di­sche Gesell­schaft, die den Geschäfts­be­trieb der GmbH & Co. KG wei­ter­führ­te; ledig­lich die von der GmbH & Co. KG gehal­te­nen Betei­li­gun­gen wur­den letzt­lich nicht ver­kauft (= spä­te­re ver­mö­gens­ver­wal­ten­de Tätig­keit der GmbH & Co. KG). Des Wei­te­ren ver­kauf­ten der Kom­man­di­tist das Betriebs­grund­stück und die Komplementär-GmbH zwei der ihrer­seits ins­ge­samt drei gehal­te­nen Betei­li­gun­gen an den Gesell­schaf­ten im EU-Ausland eben­falls an die schwe­di­sche Gesellschaft.

Die GmbH & Co. KG ging dies­be­züg­lich von einer Betriebs­auf­ga­be aus und behan­del­te den ins­ge­samt erziel­ten Ver­äu­ße­rungs­ge­winn als nicht gewer­be­steu­er­pflich­tig, da die­ser auf eine natür­li­che Per­son als unmit­tel­bar betei­lig­ter Mit­un­ter­neh­mer ent­fiel. Dies sah das Finanz­amt anders. Denn der bis­he­ri­ge Gewer­be­be­trieb der GmbH & Co. KG sei wegen Fort­füh­rung zumin­dest einer wesent­li­chen Betriebs­grund­la­ge (= Rück­be­halt der Betei­li­gung des Kom­man­di­tis­ten an der Komplementär-GmbH, die als Son­der­be­triebs­ver­mö­gen hät­te bilan­ziert und im Rah­men der Betriebs­auf­ga­be ent­nom­men wer­den müs­sen) und damit ein­her­ge­hen­der Nicht­auf­de­ckung von stil­len Reser­ven nicht end­gül­tig ein­ge­stellt wor­den. Folg­lich sei die im Anschluss an die Ver­äu­ße­rung aus­ge­üb­te ver­mö­gens­ver­wal­ten­de Tätig­keit der GmbH & Co. KG nicht neu auf­ge­nom­men wor­den. Der BFH folg­te grund­sätz­lich der Argu­men­ta­ti­on der GmbH & Co. KG, wies die Rechts­sa­che aber zur wei­te­ren Tat­sa­chen­auf­klä­rung und Ent­schei­dung an das erst­in­stanz­li­che FG zurück.

Für die Beur­tei­lung, ob der bis­he­ri­ge Gewer­be­be­trieb der GmbH & Co. KG ein­ge­stellt und ein neu­er Betrieb mit Auf­nah­me einer ver­mö­gens­ver­wal­ten­den Tätig­keit in Gang gesetzt wur­de, ist zu prü­fen, ob der bis­he­ri­ge und der neue Betrieb bei wirt­schaft­li­cher Betrach­tung und nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung wirt­schaft­lich iden­tisch sind; inso­weit ist auf die bis­he­ri­ge von der GmbH & Co. KG aus­ge­üb­te wer­ben­de Tätig­keit abzu­stel­len. Dies hat das FG nun­mehr im zwei­ten Rechts­gang unter Ein­be­zie­hung des Gesamt­bilds der Tätig­keit ins­be­son­de­re unter Berück­sich­ti­gung der wesent­li­chen Merk­ma­le wie Art der Betä­ti­gung, des Kunden- und Lie­fe­ran­ten­krei­ses, der Arbeit­neh­mer­schaft, der Geschäfts­lei­tung, der Betriebs­stät­ten sowie der Zusam­men­set­zung des Aktiv­ver­mö­gens nach­zu­ho­len. Der BFH betont, dass sich allein aus der Wei­ter­nut­zung einer wesent­li­chen Betriebs­grund­la­ge, wie im Streit­fall die Betei­li­gung an der Komplementär-GmbH, eine sol­che wirt­schaft­li­che Iden­ti­tät aber nicht (mehr) her­lei­ten lässt. Er hält daher im Streit­fall die end­gül­ti­ge Ein­stel­lung des bis­he­ri­gen Gewer­be­be­triebs im Rah­men der Ver­äu­ße­rung mit dar­aus resul­tie­ren­der Gewer­be­steu­er­frei­stel­lung des Ver­äu­ße­rungs­ge­winns – vor­be­halt­lich der noch vor­zu­neh­men­den Beur­tei­lung durch das FG — für durch­aus möglich.

Hin­weis:

Nach frü­he­rer Recht­spre­chung ver­nein­te der BFH eine end­gül­ti­ge Ein­stel­lung des bis­he­ri­gen Gewer­be­be­triebs, wenn wesent­li­che Betriebs­grund­la­gen, ins­be­son­de­re Wirt­schafts­gü­ter mit erheb­li­chen stil­len Reser­ven, in den neu­en Betrieb über­führt wur­den. Mit sei­nem grund­le­gen­den Urteil vom 19.12.2019 (Az. IV R 8/17) betref­fend die wei­te­re Nut­zung gewer­be­steu­er­li­cher Ver­lust­vor­trä­ge gab der BFH die­se Rechts­auf­fas­sung aber auf. Seit­dem ist die end­gül­ti­ge Ein­stel­lung des bis­he­ri­gen Gewer­be­be­triebs anhand der Gesamt­um­stän­de danach zu beur­tei­len, ob der bis­he­ri­ge und der neue Betrieb iden­tisch sind oder nicht: Liegt kei­ne Unter­neh­mens­iden­ti­tät (mehr) vor, fal­len die sach­li­che Steu­er­pflicht und damit ein­her­ge­hend die Gewer­be­ver­lus­te weg.

Die­sen Gedan­ken über­nimmt der BFH nun­mehr mit sei­nem aktu­el­len Urteil auch für die Veräußerungs- und Auf­ga­be­ge­winn­be­steue­rung und ändert damit glei­cher­ma­ßen sei­ne dies­be­züg­lich frü­he­re Recht­spre­chung. Unter­mau­ert wird dies mit fol­gen­dem Gleich­klang: Gehen die Gewer­be­ver­lus­te man­gels Unter­neh­mens­iden­ti­tät unter, dür­fen die in die­sem Zusam­men­hang erziel­ten Veräußerungs- bzw. Auf­ga­be­ge­win­ne nicht der Gewer­be­steu­er unter­lie­gen. Sind ande­ren­falls die Veräußerungs- und Auf­ga­be­ge­win­ne steu­er­pflich­tig, dür­fen auch die gewer­be­steu­er­li­chen Ver­lust­vor­trä­ge nicht untergehen.