Kei­ne Erb­schaft­steu­er­be­frei­ung bei krank­heits­be­ding­tem Aus­zug aus dem Familienheim

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG ist bei einem Erwerb von Todes wegen der Über­gang eines sog. Fami­li­en­hei­mes von der Erb­schaft­steu­er befreit. Die Befrei­ung ent­fällt jedoch mit Wir­kung für die Ver­gan­gen­heit, wenn der Erwer­ber das Fami­li­en­heim inner­halb von zehn Jah­ren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohn­zwe­cken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwin­gen­den Grün­den an einer Selbst­nut­zung zu eige­nen Wohn­zwe­cken gehin­dert. Im vom Finanz­ge­richt Müns­ter mit Urteil vom 10.12.2020 (Az. 3 K 420/20 Erb) ent­schie­de­nen Fall war das Kri­te­ri­um der „zwin­gen­den Grün­de“ streitig. 

Zur Erb­schaft einer Ehe­frau nach dem Tod ihres Ehe­manns gehör­te auch das hälf­ti­ge Mit­ei­gen­tum an dem bis­lang von den Ehe­leu­ten gemein­sam bewohn­ten Ein­fa­mi­li­en­haus. Inner­halb von zwei Jah­ren ver­äu­ßer­te die Erbin das Ein­fa­mi­li­en­haus und zog in eine zuvor erwor­be­ne Eigen­tums­woh­nung um. Das Finanz­amt änder­te dar­auf­hin den Erb­schaft­steu­er­be­scheid und ver­sag­te die Steu­er­be­frei­ung für das Fami­li­en­heim. Die Wit­we mach­te gel­tend, nach dem Tod ihres Ehe­man­nes unter Depres­sio­nen und Angst­zu­stän­den gelit­ten zu haben, ins­be­son­de­re weil ihr Mann in dem Haus ver­stor­ben war. Mit dem vom Arzt ange­ra­te­nen Woh­nungs­wech­sel sei sie aus zwin­gen­den Grün­den an einer wei­te­ren Selbst­nut­zung gehin­dert gewesen. 

Dem folg­te das Gericht nicht und wies die Kla­ge ab. Es sah die nach kurz­fris­ti­ger Ver­äu­ße­rung des geerb­ten Fami­li­en­heims für die Steu­er­be­frei­ung nöti­gen zwin­gen­den Grün­de, an einer Selbst­nut­zung gehin­dert zu sein, vor­lie­gend als nicht gege­ben. Die Depres­si­ons­er­kran­kung und der Tod des Ehe­man­nes im Ein­fa­mi­li­en­haus haben die Klä­ge­rin zwar erheb­lich psy­chisch belas­tet. Ein „zwin­gen­der Grund“ im Sin­ne des Geset­zes sei jedoch nur dann gege­ben, wenn das Füh­ren eines Haus­halts schlecht­hin (etwa auf­grund von Pfle­ge­be­dürf­tig­keit) unmög­lich sei. Dies war bei der Wit­we ange­sichts des Umzugs in eine Eigen­tums­woh­nung jedoch nicht der Fall, denn auch dort hat­te sie einen eige­nen Haus­halt zu führen. 

Eine sol­che restrik­ti­ve Aus­le­gung der Rück­aus­nah­me zur Steu­er­be­frei­ung sah das Gericht auch als ver­fas­sungs­recht­lich gebo­ten an, da die Steu­er­be­frei­ung für Fami­li­en­hei­me Eigen­tü­mer selbst­ge­nutz­ten Grund­ei­gen­tums gegen­über Inha­bern ande­rer Ver­mö­gens­wer­te bevorzugt.

 

Hin­weis:

Ob die Ver­äu­ße­rung und der Aus­zug aus dem Fami­li­en­heim auf ärzt­li­chen Rat letzt­end­lich kein „zwin­gen­der Grund“ für eine Bei­be­hal­tung der Erb­schaft­steu­er­be­frei­ung dar­stellt, wird womög­lich erst der Bun­des­fi­nanz­hof ent­schei­den. Das Finanz­ge­richt hat zumin­dest die Revi­si­on zugelassen.